Geschichte

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Riviera, Gesellschaftshaus, Kavaliershaus – ein Jahrhundert lang waren sie die Zierde von Grünau, legendäre Ausflugslokale am Ufer der Dahme. Mehrere Generationen feierten dort, im eleganten Ballsaal des Gesell-schaftshauses oder im von Palmen gesäumten Biergarten der Riviera. Seit mehr als 20 Jahren kehrt dort niemand mehr ein, die beiden Gebäude, die unter Denkmalschutz stehen, verfallen, das Kavaliershaus wurde 1999 abgerissen. Das Ensemble gehört zur Geschichte von Grünau und begründete die Attraktivität des Ortes ebenso wie der Wassersport: Es ist nur noch wenigen bekannt, dass Grünau seit 1868 für den Binnen-Wasser-sport eine ähnliche Bedeutung hatte wie Kiel für das Hochseesegeln. Ab 1882 fand alljährlich der Wettkampf um den Wanderpreis der „Großen Grünauer Regatta“ statt. Zu den Regatten kamen bei gutem Wetter bis zu 50.000 Personen. 1899 wurde die Tribüne eingeweiht, dort konnten bis zu 9.000 Besucher Platz nehmen.

Kleine Chronologie:

1890: Bau der Riviera. Es gab dort eine mit Palmen gesäumte Tanzdiele mit Restaurant im Freien sowie mehrere Säle. Unter Musikern galt es als Auszeichnung, dort spielen zu dürfen. 1897/98 Bau des Gesellschaftshauses mit dem großen 9m hohen Ballsaal und zahlreichen anderen Räumen. Beide entwickeln sich weit über Berlin hinaus zu Publikumsmagneten und machen Grünau zu einem beliebten Ausflugsziel.

1977: Riviera und Gesellschaftshaus werden als städtebauliches Ensemble in die Denkmalsliste aufgenommen.

1991: Die beiden Lokale werden nach der Wende geschlossen, das Gelände der Treuhand (TLG) übergeben.

August 1995: Das Architekturbüro Patschke & Partner legt ein Konzept vor, das auf dem Gelände zusätzlich massiven Wohnungsbau vorsieht.

September 1999: Der provisorische Biergarten, den die TLG eingerichtet hatte, wird eingestellt. Das Kavaliershaus wird abgerissen.

Mai 2000: Die B+R ImmobilienentwicklungsGmbH & Co KG will das Gelände entwickeln, allerdings wieder mit einem großen Anteil Wohnungsbau. Das lehnt der Bezirk ab. Es sei bereits der vierte Investor, der sich für das Areal interessiert. Die TLG hat mit der Berliner Bürgerbräu einen Vertrag zur Eröffnung eines Biergartens mit bis zu 1.600 Plätzen geschlossen. Als Betreiber sei ein „echter Oktoberfestwirt“ gefunden. Über das Schicksal von Gesellschaftshaus und Riviera sei noch nicht entschieden. Es gebe dafür jetzt einen Investor. Dieser will dort Wohnen und ein Hotel mit Gastronomie etablieren.

August 2000: Eröffnung des Biergartens. Er wird allerdings schon im Oktober wieder abgebaut.

Januar 2001: Die Bausubstanz verfällt zusehends, die Inneneinrichtung wird geplündert, Vandalen verunstalten die Räume. Nur der historische Ballsaal des Gesellschaftshauses und die Fassade sollen bestehen bleiben, alles andere werde abgerissen, meldet die TLG. Die B+R droht abzuspringen, die Investition rechne sich nicht. Seither wird vermutet, man wolle das Ensemble absichtlich verfallen lassen, bis es nichts mehr gäbe, wofür sich der Denkmalschutz interessieren könnte.

Juli 2006: Die TLG verkauft das Gelände an die Schwester des Potsdamer Unternehmers Selahattin Erdem aus Ankara (dem Vernehmen nach für 650.000 EUR). Die wolle dort ein Kongresshotel bauen lassen.

Mai 2009: Konkrete Pläne liegen auch nach drei Jahren nicht vor. Jetzt werde an eine Seniorenwohnanlage gedacht. Es geschieht nichts. Der Tagespiegel vermutet, dem Bezirksamt sei die Existenz von Grünau gar nicht bekannt.

2011: In einer Studie der Wirtschaftsberatung Ernst&Young wird nachgewiesen, dass ein Hotel- und Restaurantbetrieb durchaus wirtschaftlich geführt werden kann.

August 2012: Die Eigentümerin beantragt beim Bezirksamt den Bau von Wohnungen. Für das geplante Hotel habe sich kein Betreiber gefunden. Deshalb könnte das Kapitel Ausflugsgastronomie dort für immer beendet sein. Der Bezirk lehnt das Gesuch ab. Die Denkmalschutzbehörde verlangt „dringende Sicherungsmaßnahmen“.

November 2012: Initiative der Bürger Grünaus zum Erhalt und zur Wiederbelebung von Riviera/Gesellschaftshaus. Die Initiative wird im Februar 2013 mit 1.600 Unterschriften dem zuständigen Bezirksstadtrat übergeben.

Ende Februar 2013: In einem Schreiben an den zuständigen Bezirksstadtrat schlagen die beiden Vereine Ortsverein Grünau e.V. und Zukunft in Grünau e.V. dem BA konkrete Maßnahmen vor: Maßnahmen, um die noch vorhandene Bausubstanz zu sichern; offensive Nutzung der städtebaulichen Gebote im BauGB; öffentliche Veranstaltungen zur Information der Bevölkerung.

Frühjahr 2013: Gespräche der AG Ortsgestaltung mit Denkmalsamt, Bezirksamt und Bürgermeister zu weiterem Vorgehen und Bitte um dringend notwendige Gebäude-Sicherung und Ersatzvornahme.

Ende Juni 2013: Offener Brief der AG Ortsgestaltung und des Bürgerhauses Grünau an S.Erdem.